SpielwieseGescheitert: Videoschnitt und Linux - Spielwiese

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Roman Vilgut

Journalist & Blogger

Gescheitert: Videoschnitt und Linux

Seit vielen Jahren bin ich ein glücklicher Linux-User. Wer mich nach meinen Erfahrungen mit dem etwas eigenwilligen Betriebssystem fragt, dem sage ich: Es kann alles, was ein Windows auch kann. Oder besser… sagte ich… denn nun habe ich einen Fall, bei dem diese Aussage nicht mehr stimmt.

Alles begann damit, dass mich mir einen alten Camcorder besorgt habe, mit DV-Kassetten. Die sind relativ günstig und haben einen ziemlich guten Funktionsumfang. Genau das Richtige um ein bisschen zu üben. Die erste Kassette war auch schnell abgedreht. Doch dann wurde es schwierig.

Wie jeder Linux-Nutzer lege auch ich eine gewisse Sturheit an den Tag, wenn es um mein Betriebssystem geht – Mint 16. Ich will ja jedem beweisen, dass Linux alles kann. Dann lernte ich die Firewire-Schnittstelle lernen. Die Karte war ja ratz-fatz im Rechner eingebaut und das System hat sie auch sofort erkannt. Nur aufnehmen wollte kein einziges der vorgeschlagenen Programme (Kino, Cineralla etc.). Das Problem: Mint basiert auf Umbuntu und irgendwer bei Canonical hatte offenbar ein schlechtes Erlebnis mit Firewire. Die Folge: Die Schnittstelle kann nun als Admin aus der Konsole  (aka Terminal) angesteuert werden.

Naja… Ich kann ja mit der Konsole recht gut umgeben. Also >> sudo bash und schon geht´s los. >> sudo apt-get install dvgrab >> sudo dvgrab /dev/dv1 … Und tatsächlich, die Kamera startet und der Film wird überspielt. Doch nach fünf Minuten das nächste Problem. Das File hat die Größe von einem Gigabyte erreicht. Noch einmal versuchen. Antwort: nicht genügend Speicherplatz … WTF????? … Nach ein bisserl Suchen finde ich die Antwort: Dvgrab hat das File in einen Systemordner gespielt. Bei Linux liegt das System auf einer eigenen Partition, die nicht sonderlich viel Speicherplatz hat. Der Linux-Laie denkt jetzt: Was soll´s kopier ich das File halt wo anders hin. Leider kann man den Ordner nur mit Adminrechten bearbeiten. Aber ich bin ja ein geübter Linux-User >>sudo Nemo … Und schon kann ich das File wo anders hin kopieren. Dann wieder in meine Admin-Konsole und das ganze von vorne. 40 Minuten Video-Material bedeutet: Ich muss diese Schritte acht mal wiederholen.

Ein von Windows oder Apple verwöhnter Nutzer hätte hier schon längst aufgegeben. Doch ich bleibe hartnäckig. Ich installiere Openshot, um meinen Film zu schneiden. In den Foren wird das Programm als einfach und leicht zu bedienen gelobt. Wenn es startet. Das tut es nämlich nicht. Naja – dann wieder mal in die Konsole >>sudo openshot … Fehlermeldung. Irgendein Modul fehlt. Nach etwas googlen, ist klar: Der Bug existiert seit Jahren, keiner kümmert sich drum. Das nächste Programm: Cineralla. Immerhin: Es startet und es sieht aus wie ein Videoschnittprogramm … aus den 1990ern. Wurscht: Linux-Nutzer scheißen auf GUI. Ich lade meine Filmchen rein und beginne mit der Arbeit. Ich wähle einen Bereich, den ich schneiden will und … Aus. Keine Reaktion. Das Mist-Programm lässt sich nicht mal mehr schließen.

Hmm… Das sind ja auch die Raw-Dateien. Jede einen Gigabyte groß. Das kann ein Programm schon mal in die Knie zwingen. Die Lösung: Runterkonvertieren auf .avi. Erster Versuch: >> sudo ffmpeg -i xyz.dv -s 1024×768 -b 512k -vcodec mpeg4 -acodec libmp3lame xyz.avi (oder so ähnlich) … und tatsächlich es wird umgerechnet. Doch das wär doch viel zu schön, wenn das tadellos funktionieren würde und so gar nicht Linux-like. Daher: Nach zwei Minuten der Abbruch. In irgendeiner Spur fehlt das Audio bei Millisekunde irgendwas. Bisserl googeln und ich finde mencoder. Also >> sudo apt-get install mencoder >> sudo mencoder xyz.dv -ovc lavc -lavcopts vcodec=mpeg4:vbitrate=2000 -oac mp3lame -lameopts cbr:br=128 -of avi -o xyz.avi … und tatsächlich wird wieder umgerechnet. Und wieder folgt der Abbruch nach zwei Minuten.

Und jetzt ist es dann so weit: Ich sehe es ein. Linux und Video … das geht einfach nicht. Ich kopier die Files auf eine SD-Karte und stecke diese in den Windows-Laptop. Mit dem VLC-Player werden sie im .mp4 umgewandelt und mit dem Moviemaker schneide ich mein Video. Warum muss Windows auch immer so einfach und praktisch sein …