Schuldenbremse: Ohne Reformen bleiben Massensteuern
Schuldenbremse – welch schönes Wort. Endlich will die Regierung ihren Saustall aufräumen und das Budget auf solide Beine stellen. Sollte man diesem Versprechen wirklich glauben, schließlich wird 2013 gewählt?
Bisher war Österreich stets einer der Musterschüler – die Schuldenkrise hat nur die anderen getroffen. Seit wenigen Wochen ist das anders. Ratingagenturen haben erkannt, dass die Staatsverschuldung weit über jener Spaniens liegt und die heimischen Großbanken mit ihrem Osteuropa-Geschäft ein massives Risiko in ihren Büchern stehen haben.
Um die Bestnote nicht zu verlieren, setzt die Regierung nun den ultimativen Sparstift an: die Schuldenbremse. Ab 2017 – wenn die heutigen Politiker in Pension sind oder als Lobbyisten arbeiten – darf das strukturelle Defizit nur noch 0,35 Prozent des Bruttoinlandprodukts betragen. Bis dahin soll das Defizit jedes Jahr um 0,75 Prozent gesenkt werden.
Die Frage ist, wie die Regierung das bewerkstelligen will. Der Budgetentwurf für 2012 sieht ein Defizit von 3,2 Prozent des BIP vor – 2013 sollen es dann 2,9 Prozent sein. Wenn die Regierung ihr Versprechen halten will, muss sie allerdings im Wahljahr 2013 noch mindestens weitere 1,2 Milliarden Euro einsparen. Nur wo?
Weit über 30 Milliarden Euro gibt der Staat zu Sicherung der Pensionen aus – ein Betrag, der laufend steigt. Der zweite große Brocken sind die Beamten: Über 27 Milliarden Euro zahlt die Finanzministerin für deren Gehälter. Aber: 2013 wird gewählt und daher wird die Regierung mit ziemlicher Sicherheit diese beiden Gruppen aus den Sparplänen ausklammern.
Was bleibt? Der nächste Posten sind die Sozialleistungen. Ich spreche hier nicht nur von Arbeitslosengeld und Sozialhilfe – es geht hier auch um Krankenkassen, Familienbeihilfe, Pendlerpauschalen und ähnliches. Abzüglich der Ausgaben für die Pensionen bleiben hier 40 Milliarden Euro.
Genau hier wird die Regierung ansetzen – denn je weiter man die Belastungen streut, umso unwahrscheinlicher, dass sich eine Gruppe am Wahlzettel rächt. Die Politiker wollen auch bei Subventionen sparen – aber das könnte ja potenzielle Geldgeber treffen. Von den über zehn Milliarden Euro wird daher vermutlich nur wenig abgeknapst werden.
Auch einnahmenseitig will der Bundeskanzler aktiv werden – neue Steuern, konkret Vermögenssteuern sind geplant. Ein schwammiger Begriff: Welche Vermögen werden besteuert? Die Sparvermögen – sprich KEST? Bisher bringt sie knapp 1,2 Milliarden Euro. Selbst wenn man diese für alle Bankguthaben erhöht und nicht nur für die „Reichen“, bringt das nicht viel ein.
Unter den sogenannten Vermögenssteuern gibt es aber einen Kandidaten, der das staatliche Geldbörserl wieder füllen könnte: die Lohnsteuer: 21,7 Milliarden Euro brachte sie 2010 ein. Wenn die Einnahmen hier um fünf Prozent gesteigert werden können, macht das schon eine Milliarde Euro aus.
Zum Vergleich: Immer wieder wird die Grundsteuer als möglicher Kandidat für eine Erhöhung herangezogen. Für denselben Betrag müsste man diese um 200 Prozent steigern.
Und dann ist da noch die Mehrwertsteuer – sie hat in etwa dasselbe Gewicht wie die Lohnsteuer. Ein Prozent mehr spült über 200 Millionen ins Finanzministerium.
Ich will eines klarstellen. Ich bin keineswegs für eine Erhöhung von Massensteuern. Ich bin dafür die Wahrheit ans Licht zu bringen. Da die Regierung weder eine Pensions- noch eine Verwaltungsreform in einem Wahljahr durchführen wird, kann es nur einen Weg geben, pro Jahr zwei Milliarden Euro einzusparen: neue Massensteuern und massive Kürzungen im Sozialbereich. Aber Schuldenbremse klingt doch viel schöner.
Zahlen: Statistik Austria
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